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Wichtige Rechtsvorschriften für Rennradfahrer


Bei den nachstehenden Rechtsvorschriften handelt es sich um unvollständige Gesetzesauszüge aus der Straßenverkehrsordnung (StVO) und Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO). Anmerkungen sind keine Gesetzesnormen, sondern geben Gerichtsurteile zu den einzelnen Normen wieder. Je nach Einzelfall können Gerichte einen Sachverhalt auch anders beurteilen.

Merksatz: Recht haben und Recht bekommen sind zwei verschiedene Sachen und die Durchsetzung kann besonders für Radfahrer schmerzlich enden.

Gesetze zum nachlesen unter www.gesetze-im-Internet.de


StVO

§ 1 Grundregeln

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, daß kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

§ 2 Straßenbenutzung durch Fahrzeuge

(2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.

Anmerkung: Radfahrer fahren rechts, wenn sie einen Abstand zum rechten Fahrbahnrand von ca. 80 bis 100 cm halten (OLG Hamm, Urt. v. 10.11.1992; OLG Düsseldorf 15.12.2003; BGH 20.3.1979).

(4) Radfahrer müssen einzeln hintereinander fahren; nebeneinander dürfen sie nur fahren, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird.

Anmerkung: Der Verkehr wird behindert, wenn durch das Nebeneinanderfahren zweier Radfahrer der schnellere Verkehr am Überholen gehindert wird. Gehindert wird der Verkehr schon dann, wenn die Fahrbahn durch das Nebeneinanderfahren so verengt ist, dass das Überholen mit besonderen Schwierigkeiten oder Gefahren für den Überholenden verbunden ist (Bayrische OLG, Urteil v. 11.5.55).

Ausnahme:

§ 27 Verbände

(1) … Mehr als 15 Radfahrer dürfen einen geschlossenen Verband bilden. Dann dürfen sie zu zweit nebeneinander auf der Fahrbahn fahren.

(3) Geschlossen ist ein Verband, wenn er für andere Verkehrsteilnehmer als solcher deutlich erkennbar ist.

(5) Der Führer des Verbands hat dafür zu sorgen, daß die für geschlossene Verbände geltenden Vorschriften befolgt werden.

Eine Benutzungspflicht der Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung besteht nur, wenn Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. …

Anmerkung: Rechte Radwege, die durch eines der vorstehenden Schilder gekennzeichnet sind, müssen benutzt werden; es sei denn, die Benutzung ist unzumutbar. Unzumutbar ist die Nutzung insbesondere, wenn durch tiefen Schnee, Eis, Löcher oder Hindernisse erhöhte Sturzgefahr besteht. Radwege sollten mindestens 1,5m, bei gemeinsamer Nutzung mit Fußgängern (mittleres Verkehrszeichen) 2,00m, breit sein. Die Aufstellung eines der o.g. Zeichen kann rechtswidrig sein, wenn die Verwaltungsbehörde fehlerhaft die Verkehrssituation einschätzt und durch die Benutzungspflicht eine höhere Gefährdung des Radfahrers oder anderer Verkehrsteilnehmer in Kauf nimmt, als dies bei der Fahrbahnnutzung der Fall wäre (vgl. VG Göttingen, 27.11.2003). Gegen das Verkehrszeichen ist im Zweifel Widerspruch einzulegen.

§ 5 Überholen

(2) Überholen darf nur, wer übersehen kann, daß während des ganzen Überholvorgangs jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist. …

(4) … Beim Überholen muß ein ausreichender Seitenabstand zu anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere zu Fußgängern und Radfahrern, eingehalten werden.

Anmerkung: Je nach Fahrweise des Radfahrers und Geschwindigkeit des Autofahrers ist ein Sicherheitsabstand von 1,5 - 2 m einzuhalten (u.a. OLG Hamm, Urteil v. 10.11.92). Auf freier Landstraße und bei einwandfreier Fahrtweise reichen etwa 1,9 m aus (zit. nach Jagusch/Hentschel, StVO, § 5 StVO Rz. 55).

(5) Außerhalb geschlossener Ortschaften darf das Überholen durch kurze Schall- oder Leuchtzeichen angekündigt werden. Wird mit Fernlicht geblinkt, so dürfen entgegenkommende Fahrzeugführer nicht geblendet werden.

(8) Ist ausreichender Raum vorhanden, dürfen Radfahrer und Mofa-Fahrer Fahrzeuge, die auf dem rechten Fahrstreifen warten, mit mäßiger Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht rechts überholen.

StVZO

§ 67 Lichttechnische Einrichtungen an Fahrrädern

(5) Fahrräder dürfen an der Rückseite mit einer zusätzlichen, auch im Stand wirkenden Schlußleuchte für rotes Licht ausgerüstet sein. Diese Schlußleuchte muß unabhängig von den übrigen Beleuchtungseinrichtungen einschaltbar sein.

(11) Für Rennräder, deren Gewicht nicht mehr als 11 kg beträgt, gilt abweichend folgendes:

2. der Scheinwerfer und die vorgeschriebene Schlußleuchte brauchen nicht fest am Fahrrad angebracht zu sein; sie sind jedoch mitzuführen und unter den in § 17 Abs. 1 StVO beschriebenen Verhältnissen (Anm.: Dämmerung, Dunkelheit und schlechte Sichtverhältnisse) vorschriftsmäßig am Fahrrad anzubringen und zu benutzen;

3. Scheinwerfer und Schlußleuchte brauchen nicht zusammen einschaltbar zu sein;

4. anstelle des Scheinwerfers nach Absatz 1 darf auch ein Scheinwerfer mit niedrigerer Nennspannung als 6 V und anstelle der Schlußleuchte nach Absatz 4 Nr. 1 darf auch eine Schlußleuchte nach Absatz 5 mitgeführt werden.

(12) Rennräder sind für die Dauer der Teilnahme an Rennen von den Vorschriften der Absätze 1 bis 11 befreit.

Zivilrechtliche Haftung von Rennradfahrern untereinander

Auszüge aus einem Urteil des OLG Stuttgart vom 14.2.06:

Für die rechtliche Beurteilung von Schadensereignissen im Rahmen sportlicher Veranstaltungen hat die Rechtsprechung Regeln und Grundsätze entwickelt, durch die den Besonderheiten gemeinsamer Sportausübung und den damit einhergehenden Risiken von Verletzungen unter den Teilnehmern Rechnung getragen wird.

1. So ist anerkannt, dass bei sportlichen Wettbewerben mit einem nicht unerheblichen immanenten Gefahrenpotential, bei denen auch bei Einhaltung der geltenden Wettbewerbsregeln oder bei nur geringfügiger Regelverletzung die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung besteht, die Inanspruchnahme anderer Teilnehmer für solche - nicht versicherten - Schäden ausgeschlossen ist, die der andere ohne gewichtige Regelverletzung verursacht. Danach verläuft die Grenze zwischen einer Haftungsfreistellung und einem haftungsrechtlich relevanten Fehlverhalten dort, wo es sich nicht mehr (nur) um sportliche Härte, sondern um eindeutig regelwidrige und unzulässige Unfairneß handelt.

2. Diese ursprünglich im Bereich der „Kampfspiele“ entwickelten Grundsätze hat die Rechtsprechung auf den übrigen Wettkampfbereich erstreckt, aber auch auf andere Fälle gemeinsamer sportlicher Betätigung ohne Wettkampfcharakter übertragen (OLG Zweibrücken, VersR 1994, 1366 - Radtrainingsfahrt; OLG Düsseldorf, VersR 1996, 343 = NZV 1996, 236 - organisierte Radwanderung; LG Krefeld, VersR 2003, 380 - Radtrainingsgruppe). Auch dort wurde die haftungsrechtliche Relevanz schädigenden Verhaltens unter den Teilnehmern am gemeinsamen, meist stillschweigenden Konsens über die zu beachtenden Regeln gemessen und eine Haftung nur bei einem eindeutigen und klaren Regelverstoß bejaht.

Diese Grundsätze gelten - im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung - auch im vorliegenden Fall der Teilnahme an einer organisierten Radtouristikfahrt. Eine Haftung der Beklagten scheitert daran, dass kein Regelverstoß der Beklagten, erst recht kein gravierender, nachgewiesen ist.

3. Nicht nur im Bereich des eigentlichen Wettkampfsports, sondern auch bei sonstigen gemeinsamen sportlichen Betätigungen unterwerfen sich die Teilnehmer konkludent den jeweils geltenden geschriebenen oder ungeschriebenen sportlichen Regeln. Soweit trotz Einhaltung des Regelwerks ein Teilnehmer einen anderen schädigt, fehlt es im allgemeinen schon an einer Pflichtwidrigkeit im haftungsrechtlichen Sinn, weil sich der Sorgfaltsmaßstab des Zivilrechts in erster Linie am sportlichen Regelwerk auszurichten hat. Bei geringfügigen Regelverletzungen kommt ebenfalls grundsätzlich eine Haftung nicht in Betracht, weil die Inanspruchnahme anderer Teilnehmer mit dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens nicht vereinbar ist. Die Beteiligten nehmen die mit der gemeinsamen Sportausübung verbundenen Gefahren, die sich aus geringfügigen und alltäglichen Regelwidrigkeiten ergeben, durch die Teilnahme konkludent in Kauf, so dass es treuwidrig erscheint, bei Verwirklichung der Gefahr einen anderen haftbar zu machen, zumal es oft vom Zufall abhängt, welcher der Teilnehmer zu Schaden kommt.

4. Der vorliegende Fall der Teilnahme an einer Radtouristik-Fahrt unterliegt verschiedenen - ungeschriebenen - Regeln, die die Parteien des Rechtsstreits stillschweigend akzeptiert haben.

Die Veranstaltung ist durch die gemeinsame Fahrt zahlreicher Radsportler auf nicht für den Verkehr gesperrten öffentlichen Straßen gekennzeichnet. Jedem Teilnehmer, der sich auf die ausgeschilderte Strecke begibt, ist bewusst, dass er dort mit einer Vielzahl anderer Radfahrer zusammentrifft, was gerade den Reiz solcher Veranstaltungen ausmacht. Dementsprechend gehört das Fahren in Gruppen nebeneinander und hintereinander (Pulks) zu den normalen Erscheinungen, wodurch ein schnelleres und kräftesparendes Vorankommen möglich ist. Dass im vorliegenden Fall - entsprechend den unterschiedlichen sportlicher Ambitionen - verschiedene Distanzen angeboten waren und die Parteien - zunächst - unterschiedliche Strecken gefahren sind, ist ohne Belang, zumal die Streckenführung im Schlussabschnitt identisch war.

5. Die Parteien hatten sich in der Ortdurchfahrt freiwillig einem Pulk von mindestens 20 Radsportlern angeschlossen. Dadurch haben sie stillschweigend die innerhalb einer solchen Gruppe geltenden - ungeschriebenen - Regeln anerkannt.

Zu ihnen gehört, was jedem Radsportler bewusst ist, der weitgehende Verzicht auf die von der StVO vorgeschriebenen Sicherheitsabstände zum Vorder- und Nebenmann, ohne die ein Pulk nicht denkbar ist. Dies bedeutet aber zugleich die Inkaufnahme der damit unweigerlich verbundenen erhöhten Sturzrisiken. Auch bei erhöhter Aufmerksamkeit der Fahrer sind Stürze nie auszuschließen, weil immer wieder Verkehrssituationen auftreten können, auf die mit plötzlichen Richtungswechseln oder abrupten Bremsmanövern reagiert werden muss. Durch die verringerten seitlichen Abstände ist das Verhaken von Lenkern aus vielfältigen Gründen möglich, ohne dass dies ohne weiteres auf einen Fehler der Betroffenen hinweist. So können seitliche Berührungen unter anderem durch Überholvorgänge innerhalb der Gruppe oder durch sonstiges Zusammenrücken im Bereich von Straßenverengungen oder als Folge notwendigen Ausweichens in Reaktion auf die Fahrweise eines anderen vor Fahrbahnhindernissen (Schachtdeckel, Glasscherben etc.) entstehen, ohne dass den Betroffenen ein Vorwurf zu machen ist.

Deshalb scheidet eine Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises in Fällen wie dem vorliegenden von vorne herein aus, weil es an einem allgemeingültigen Erfahrungssatz des Inhalts fehlt, dass ein Verhaken der Lenker innerhalb eines Pulks von Radsportlern typischer Weise einen Fahrfehler der Betroffenen impliziert. Dies gilt erst recht, soweit es um den Nachweis eines klaren und eindeutigen Regelverstoßes geht.

Wenn die Beklagten vor dem Sturz miteinander „geblödelt“ und sich in Gefahr bringender Weise gegenseitig geschubst hätten, so könnte dies zwar eine Haftung rechtfertigen, wenn ein derartiges Verhalten für den Sturz ursächlich geworden wäre. Gegenseitiges Schubsen in einem Radfahrerpulk wird häufig als ein grober Verstoß gegen die zu beachtenden Grundregeln anzusehen sein, weil sich dadurch das ohnehin bestehende Risiko gefährlicher Stürze konkret erhöht.

Da eine Haftung somit bereits dem Grunde nach nicht besteht, kommt es auf die Frage, inwieweit der Klägerin ein mitwirkendes Verschulden bereits deshalb angelastet werden könnte, weil es ihr als einziger nicht gelang, den Gestürzten auszuweichen, nicht an. Dass ein Ausweichen im Falle eines plötzlichen Sturzes nicht leicht möglich ist, liegt freilich auf der Hand.

Stand: 18.6.2010

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